
Stonehenge
Die wohl ungewöhnlichste Spielidee und Spielesammlung der letzten Jahre, fünf renommierte Autoren bekamen dasselbe Spielmaterial und den Spielplan vorgelegt und sollten dazu ein Spiel entwickeln. Mit dem ungewöhnlichen Material, das den Menhiren von Stonehenge nachempfunden ist, entstanden Die Magie von Stonehenge, ein Bluffspiel von Richard Garfield, Der Hohepriester, ein Politikspiel von Bruno Faidutti, Arthurs Geisterritter, ein Kriegsspiel von Richard Borg, Streitwagen von Stonehenge, ein Rennspiel von Mike Selinker und Alles muss raus, ein Auktionsspiel von James Ernest. Am Ende der Regeln gibt es noch eine Liste von Möglichkeiten, was Stonehenge wohl gewesen sein könnte oder wofür es benutzt wurde, und eine entsprechende Aufforderung für eigene Spielideen. Koproduktion von Titanic Games, Paizo und Spielzeit
Ludografische Angaben
Verlage:
Illustratoren:
Inventarnummer:
18187
Tags:
ess07
Kategorien:
Spielesammlung, Bluffen/Knobeln, Schätzen, Intrige, Auktion, Bieten, Versteigerung, Rennspiel
Rezension
Stonehenge
Monumentales
Spielkonzept aus Kunststoff
Stonehenge - Eine Brettspiel-Anthologie
Ein spannendes Spielprojekt mit Zukunfts-Potenzial
Ich habe nie verstanden, warum, aber mich haben die
steinernen Stehlen in Stonehenge schon immer fasziniert. Vermutlich, weil die
Jahrhunderte alten Skulpturen eine wirklich mystische Aura umgibt, die seit
jeher zu Spekulationen einlädt, was den wahren Zweck dieses Ortes im englischen
Wiltshire anbelangt. Fünf renommierte Spieleautoren haben sich offensichtlich
ähnliche Gedanken gemacht und ihre Einfälle nun, koordiniert von Mike Selinker,
in der offiziell ersten Brettspiel-Anthologie auf den Spieltisch gebracht. In
Deutschland erscheint das Spiel in
Volker Hesselmanns Spielzeit!Verlag, der auch für die Übersetzung der
Spielanleitung verantwortlich zeichnet.
Plastik aus Plastik
Schon im Vorfeld konnte Stonehenge großes Interesse in
der Schar der Spieler verzeichnen, man war gespannt, wie große Namen wie
"Mr. Magic" Richard Garfield, Richard Borg oder Bruno Faidutti das
Thema umsetzen würden und vor allem mit welchen Mitteln. Klar war nur eines:
Jedem Autoren stand dasselbe Spielmaterial zur Verfügung, das ganz oder
teilweise genutzt werden durfte. Das fertige Spiel umfasst jede Menge
davon, als da wären: fünf Trilithen (die bekannten Steintore aus Stonehenge),
Spielscheiben, Blöcke und schön modellierte, Umhang tragende Spielfiguren in
fünf Farben, eine neutrale Spielfigur sowie ein Satz aus Spielkarten. Die
darauf abgebildeten 2 x 30 Zahlen – jeweils als so genannte Tag- bzw.
Nachtkarte vorhanden, finden sich auch auf dem Spielplan in einem Kreis wieder,
der den Grundriss des Stonehenge-Geländes umschließt. Das sollte doch genügen,
um den beteiligten Autoren einige bemerkenswerte, stimmungsvolle und spannende
Ideen zu entlocken.
Der erste konkrete Blick auf Spielplan und
Material hat mich dann aber doch ein wenig enttäuscht. Gerade für die
dreiteiligen Trilithen hätte ich mit statt der Kunststoffquader dann doch
schickes Holz gewünscht. Nahezu ideal wäre es gewesen, hätten Michael Sohre und
Werner Falkhof ihr 2007 in Essen vorgestelltes, individuell
formbares, steinartiges „Theta-stone“-Material schon früher marktfertig
gehabt und Stonehenge damit ausgestattet. Der optische und haptische Reiz
dieses Materials wäre der vorliegenden Version um Längen überlegen gewesen.
Gib mir Fünf
Wie dem auch sei, letztlich soll Stonehenge ja auch
spielerisch überzeugen, also widmen wir uns schön der Reihe nach kurz den fünf
Entwicklungen, die von Bluff über politische Intrigen bis hin zum Wettlauf die
gesamte Themenpalette abdecken. Kurz nicht etwa, um hier Platz zu sparen,
sondern vielmehr, weil die Regeln keines der Spiele zwei Seiten im
Anleitungsheft überschreiten und alles andere als taktische Schwergewichte
darstellen.
So handelt es sich bei
Richard Garfields Bluffspiel „Die Magie von Stonehenge“ eigentlich um nichts
anderes als ein recht simples Stichspiel mit verdeckten Karten, die nach dem
Ausspielen aufgedeckt werden. Der Gewinner darf dann eine seiner Scheiben (den
„Lehrling“) auf dem entsprechenden Zahlenfeld des Ringes rund um Stonehenge
platzieren. Wer fünf Lehrlinge eingesetzt hat, setzt zur Belohnung seinen
Trilithen auf das Spielbrett, schafft er es ein zweites Mal, fünf Lehrlinge
unterzubringen, gewinnt er. Ein paar kleine Zusatzregeln, die Strafkarten
einbringen, die Trumpfart wechseln oder es ermöglichen, Karten nachzuziehen, um
seine Hand zu verbessern, vervollständigen das Regelkonzept, das aber dennoch
nichts anderes bleibt als ein einfaches Kartenspielchen für drei bis fünf Spieler.
Ausgerechnet Bruno
Faidutti, der sonst eher für vor Kreativität und Spielwitz
nur so strotzende Entwicklungen steht („Ohne Furcht und Adel“, „Das Geheimnis
der Abtei“) steuert mit „Der Hohepriester“ ein Politikspiel zu der Anthologie
bei, das ein wenig trocken daherkommt. Sieben verschiedene „Schulen“ wählen
einen neuen Hohepriester. Dieser wird der Spieler, der innerhalb der einzelnen
Schulen jeweils die meisten Druiden kontrolliert, wer also die Mehrheit hat. Mit
den Blöcken wird der äußere Kreis dabei in sieben Bereiche unterteilt, in denen
die Schulen ansässig sind. Wer an der Reihe ist, platziert entweder einen
seiner Druiden (Holzscheiben) in einer der Schulen, verschiebt alternativ einen
Block und verändert so die Größe der Schulen und ersetzt den Block durch einen
seiner eigenen Farbe oder er passt, weil er keine der beiden Aktionen ausführen
kann oder will. Haben alle Spieler gepasst, ist das Spiel auch schon beendet,
noch leere Felder auf dem äußeren Ring werden mit neutralen Druiden aufgefüllt
und man schreitet zur Abrechnung, die im Übrigen das Komplizierteste an
Faiduttis Schöpfung darstellt. Dabei erhält der Spieler mit der Mehrheit in
einer Schule alle darin befindlichen Druiden. Stehen also beispielsweise 5
Druiden in einer Schule, Spieler blau hat 2 eigene darin, Spieler rot einen und
der 5. Druide ist neutral, hat blau die Mehrheit und erhält alle 5 Druiden und
stellt sie vor sich ab. Bei Gleichstand gewinnt der Spieler mit den
zweitmeisten Druiden in der Schule. Wer nach Abrechnung aller Schulen die
meisten Druiden vor sich stehen hat, gewinnt. Damit wenigstens ein kleines Bisschen
Pep in die Sache kommt, werden vor Spielbeginn noch verdeckt zwei Karten an
jeden Spieler verteilt. Die erste gibt eine Zahl an, auf der ein imaginärer Fetisch-Stein
liegt. Kontrolliert ein Spieler am Ende die Schule mit dem Fetisch-Stein, also
mit der Zahl, die auf der Karte angegeben ist, erhält er zusätzlich zwei
neutrale Druiden in der Endabrechnung. Die zweite Karte gibt an, welche
Felderfarbe auf dem äußeren Ring für den Spieler tabu ist. Stehen am Spielende
Druiden eines Spieler auf Feldern in der Tabu-Farbe, werden sie vor der
Abrechnung entfernt. Nett, schnell gespielt, aber nicht wirklich anspruchsvoll.
Kommen wir zu Nummer drei: Richard
Borgs Kriegsspiel „Arthurs Geisterritter“ für vier oder fünf
Spieler. Thematisch und spielmechanisch etwas anders als Faiduttis Werk, stellt
das „Kriegsspiel“ letztlich dann doch auch wieder lediglich ein Ringen um
Mehrheiten dar, das so kriegerisch wie es der Titel verlauten lässt dann doch
nicht ist. Obwohl: Ein wenig gekämpft werden darf auch, schließlich hat der
Autor als Entwickler moderner Klassiker wie „Memoir ´44“ Erfahrung mit
Konfliktsimulationen. Hier schickt er tote Ritter in den Kampf, die in vier Wertungsrunden
versuchen müssen, die meisten Wächter (Scheiben) an den Trilithen zu postieren.
Die Spielkarten und Schwerter, repräsentiert durch die Blöcke, helfen, das
Kampfgeschehen zu den eigenen Gunsten zu beeinflussen. Wer am Zug ist, zieht
eine Karte nach und entscheidet dann, ob er eine zweite zieht und seinen
Spielzug beendet oder ob er stattdessen eine Karte aus seiner Hand ausspielt.
Je nach Farbe darf er nun entweder einen eigenen Wächter neben einem der Trilithen einsetzen
oder einen Wächter eines Gegners. Warum? Ganz einfach: Weil wir Schwerter
wollen. Wer nämlich dem feindlichen Ritter zu einem weiteren Wächter auf dem
Plan verhilft, erhält nicht nur einen Siegpunkt, sondern auch ein Schwert in
seiner Farbe. Gekämpft wird natürlich auch noch, nämlich immer dann, wenn eine
der vier Trilithen-Karten gezogen wird, was aufgrund des vorherigen gezielten Einmischens
in den Zugstapel relativ regelmäßig der Fall ist. Man kann also anhand des
abnehmenden Zugstapels erkennen, ob bald wieder mal eine Kampfrunde fällig ist.
Ist es soweit, kommen die Schwerter endlich zum Einsatz. Man ist so lange
reihum einmal an der Reihe, wie man eine Kombination aus eigenem Schwert und
einer Handkarte ausspielen kann. Abhängig von der Kartenfarbe darf man nun die
Positionen der bislang eingesetzten Wächter verändern, gegnerische Wächter
entfernen oder sogar eigene neue ins Spiel bringen, um so möglichst eigene
Mehrheiten an den Trilithen zu erzielen. Wer keine Schwerter und Karten mehr
hat, scheidet aus der Kampfrunde aus und darf zusehen, wie sich die anderen um
die besten Plätze balgen. Schließlich gibt es an jedem Trilithen für den am
häufigsten vertretenen Spieler so viele Punkte, wie eigene Wächter an dem
Trilithen stehen. Und weiter geht’s, neue Runde, neues Glück (das ganz deutlich
in Form des zufälligen Kartenziehens allgegenwärtig ist). Nach der vierten
Kampfrunde ist Schluss, der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt. Und
gefällt’s? Naja, viel Glück, etwas Taktik, kurzweilig und schnell vorbei. Als
Absacker ganz nett. Mal sehen, ob Mike Selinker mit seinen „Streitwagen von
Stonehenge“ mehr Emotionen wecken kann.
Spiel Nummer vier im Bunde präsentiert sich
thematisch als Science Fiction Wagenrennen. Die außerirdischen Erbauer der
Steinformation nutzen das Areal als Renngelände für ihre mit Kristallenergie
angetriebenen Streitwagen. Auf so eine Idee muss man erst einmal kommen. Spieltechnisch
funktioniert dies so, dass der äußere und innere Kreis des Spielplans zur
Rennstrecke umfunktioniert werden, auf dem sich die Streitwagen in Form der
Spielfiguren bewegen. Reihum durchlaufen die Teilnehmer insgesamt vier Phasen,
bevor eine neue Runde beginnt.
In der „Energiephase“ nehmen die Spieler ihre zu
Spielbeginn vier Energiekristalle heimlich in die linke und rechte Hand. Die
zahlenmäßige Verteilung bleibt jedem dabei selbst überlassen. Kristalle in der
linken Hand erlauben es in der „Blockadephase“ für jeden Kristall einen
Blockadestein auf die Rennstrecke zu setzen oder bereits liegende zu versetzen,
und zwar auf das Feld, das sich aus der Summe von bis zu drei ausgespielten
Karten ergibt. Die Kristalle in der rechten Hand kommen in der darauf folgenden
„Schubphase“ zum Einsatz. Nun werden die Streitwagen bewegt – vorausgesetzt, es
ist kein Hindernis im Weg. Je nach Art und Position der Blockade muss man zum
Weiterkommen ein bis vier Kristalle zusätzlich opfern, die eigentlich zur
Bewegung gedacht waren. Wer nicht genügend Energie zum Durchbrechen einer
Blockade hat, muss vor dem Hindernis stehen bleiben und verliert zusätzlich
durch den imaginären Aufprall dauerhaft einen seiner Energiekristalle. Gut,
dass man im Laufe des Spiels insgesamt fünf zusätzliche erhält, was bei
geschickter Spielweise ein schnelleres Vorankommen ermöglichen kann. In der
„Ladephase“ werden schließlich die Handkarten wieder auf drei ergänzt und eine
neue Runde beginnt. Wer zuerst das Feld 30 überschreitet, gewinnt das Rennen,
das in der Tat recht kurzweilig abläuft, wenn man den Dreh einmal raus hat und
vor allem auf dem Rennparcours die Übersicht behält, der im Laufe des Spiels
vor Blockadesteinen in allen möglichen Farben in bis zu sechs möglichen
Positionen an den Feldbegrenzungen nur so strotzt.
Last but not least, steuert Kultautor James Ernest
(„Kill Dr. Lucky”) mit seinem Versteigerungsspiel “Alles muss raus!” einen
recht turbulenten Schlusspunkt bei, indem er die Steine von Stonehenge (Trilithen
und Scheiben) unter den Hammer bringt. Wer die wertvollsten Steine ergattert
und damit als erster eine Punktsumme von 20 Punkten erreicht, gewinnt. Pro Runde
zeigt eine Auktionatorfigur an, welcher Stein in welcher Farbe zur Disposition
steht. Reihum legt jeder Spieler nun eine oder mehrere seiner drei Handkarten
verdeckt aus, um den Stein zu ersteigern. Nach dem gleichzeitigen Aufdecken
erhält der Spieler mit dem höchsten Gebot den Stein, wobei Karten in der Farbe
des versteigerten Steins Trumpf sind und alle anderen Gebote schlagen. Gibt es
mehrere Gebote in der Steinfarbe gewinnt der Spieler mit der höchsten
Gesamtsumme der auf den Karten abgebildeten Zahlen. Ein paar nette Kniffe
machen das Bieten interessant. So löst beispielsweise eine Trilithen-Karte die
Trumpffarbe auf und es gelten nur noch die reinen Zahlenwerte. Zudem darf der
Gewinner einer Auktion keine Karten nachziehen, der Spieler mit dem niedrigsten
Gebot hingegen zwei, um zu verhindern, dass ein Spieler zu weit nach vorn
prescht und auf der anderen Seite die Möglichkeit einzuräumen, gezielt neue
Karten zu erhalten. Interessant ist auch die Wertung. Je mehr Steine einer
Farbe ich bereits besitze, desto mehr Punkte erhalte ich für jeden neuen Stein.
Wer also zum Beispiel zwei rote Steine hat, erhält für den dritten drei Punkte,
für den vierten vier usw. Wer einen der fünf Trilithen ersteigert, erhält sogar
doppelt so viele Punkte. Im Spielfluss selbst macht das verdeckte Feilschen um
die Steine trotz oder vielleicht gerade wegen seiner Einfachheit wirklich Spaß,
sogar ein paar taktische Überlegungen sind möglich, da die bereits ersteigerten
Steine nicht geheim gehalten werden und man so den anderen dringend benötigte
Steine vor der Nase wegschnappen kann. Alles in allem ein gelungener, lockerer
Abschluss der fünf Stonehenge-Spiele.
Fazit
Stonehenge überzeugt mit einer spannenden Idee und ansehnlichem (Kunststoff-) Spielmaterial,
die fünf Spiele der „Startpackung“ sind jedoch eher für Gelegenheitsspieler und
Familien gedacht – was hier keinesfalls negativ gemeint ist. Jedes Spiel hat
seine Zielgruppe. Viele neue Ideen, die über Mehrheitengewinnung,
Versteigerungen und Stichspielvarianten hinausgehen, sucht man als
„Szenemitglied“ jedoch vergeblich. Dennoch macht es Spaß, mit ein und demselben
Material immer wieder andere Spiele auszuprobieren. Die Erweiterung mit drei
neuen Regeln und ergänzendem Material für insgesamt sieben Spieler ist bereits
in Arbeit und Namen wie Klaus-Jürgen Wrede
und Serge Laget lassen auch Vielspieler aufhorchen. Man darf gespannt sein, wie
es mit Stonehenge weitergeht. Es wäre schade, wenn dieses viel versprechende Konzept
und ambitionierte Projekt nicht weitere kreative Spielideen nach sich zöge.
Immerhin: Im Internet geht es schon mächtig rund, unter www.spielzeit.de/stonehenge sind
bereits zehn weitere Regeln veröffentlicht und alle Autoren und solche, die es
werden wollen, sind herzlich eingeladen, ihre eigenen Entwicklungen
beizusteuern. Dort gibt es im Übrigen auch die Bonusregeln, die 2007 auf der
SPIEL in Essen veröffentlicht wurden, als kostenlosen PDF-Download. Stonehenge
lebt.
Stefan Olschewski
stefan@pierrot.tobit.net
Überblick:
Spieler :
3-5
Alter :
ab 10 Jahren
Dauer :
ca. 30-60 Min.
Autoren :
Richard Borg, James Ernest, Bruno Faidutti, Richard Garfield. Mike Selinker
Grafik :
Sean Glenn, Howard Lyon und Jeff Carlisle
Vertrieb :
Hutter Trade
Preis :
ca. 30,- Euro
Verlag :
Spielzeit! 2007
www.spielzeit.de
Bewertung:
Genre :
Spielesammlung mit vorgebenem Material
Zielgruppe :
Familie und Freunde
Mechanismen: vielfältige Auswahl
Kommentar:
Stimmiges Material
Verständliche Regeln
Spielwert fällt gegenüber der Erwartungshaltung etwas ab
Gelungene Grundidee
Strategie :
**
Taktik : ***
Glück : *****
Interaktion : ****
Kommunikation : ****
Atmosphäre : ******
Vergleichbar:
Anthologie-Konzept: „Spiele zur Schatzinsel“ (Hugendubel)
Klassische Spielesammlungen
Stefan
Olschewski:
Tolle Grundidee mit spannendem Thema, das jede Menge Entwicklungspotenzial
bietet. Aufmachung und Renommee der Autoren lassen jedoch spielerisch mehr
erwarten als Stonehenge halten kann.
Monumentales
Spielkonzept aus Kunststoff
Stonehenge - Eine Brettspiel-Anthologie
Ein spannendes Spielprojekt mit Zukunfts-Potenzial
Ich habe nie verstanden, warum, aber mich haben die
steinernen Stehlen in Stonehenge schon immer fasziniert. Vermutlich, weil die
Jahrhunderte alten Skulpturen eine wirklich mystische Aura umgibt, die seit
jeher zu Spekulationen einlädt, was den wahren Zweck dieses Ortes im englischen
Wiltshire anbelangt. Fünf renommierte Spieleautoren haben sich offensichtlich
ähnliche Gedanken gemacht und ihre Einfälle nun, koordiniert von Mike Selinker,
in der offiziell ersten Brettspiel-Anthologie auf den Spieltisch gebracht. In
Deutschland erscheint das Spiel in
Volker Hesselmanns Spielzeit!Verlag, der auch für die Übersetzung der
Spielanleitung verantwortlich zeichnet.
Plastik aus Plastik
Schon im Vorfeld konnte Stonehenge großes Interesse in
der Schar der Spieler verzeichnen, man war gespannt, wie große Namen wie
"Mr. Magic" Richard Garfield, Richard Borg oder Bruno Faidutti das
Thema umsetzen würden und vor allem mit welchen Mitteln. Klar war nur eines:
Jedem Autoren stand dasselbe Spielmaterial zur Verfügung, das ganz oder
teilweise genutzt werden durfte. Das fertige Spiel umfasst jede Menge
davon, als da wären: fünf Trilithen (die bekannten Steintore aus Stonehenge),
Spielscheiben, Blöcke und schön modellierte, Umhang tragende Spielfiguren in
fünf Farben, eine neutrale Spielfigur sowie ein Satz aus Spielkarten. Die
darauf abgebildeten 2 x 30 Zahlen – jeweils als so genannte Tag- bzw.
Nachtkarte vorhanden, finden sich auch auf dem Spielplan in einem Kreis wieder,
der den Grundriss des Stonehenge-Geländes umschließt. Das sollte doch genügen,
um den beteiligten Autoren einige bemerkenswerte, stimmungsvolle und spannende
Ideen zu entlocken.
Der erste konkrete Blick auf Spielplan und
Material hat mich dann aber doch ein wenig enttäuscht. Gerade für die
dreiteiligen Trilithen hätte ich mit statt der Kunststoffquader dann doch
schickes Holz gewünscht. Nahezu ideal wäre es gewesen, hätten Michael Sohre und
Werner Falkhof ihr 2007 in Essen vorgestelltes, individuell
formbares, steinartiges „Theta-stone“-Material schon früher marktfertig
gehabt und Stonehenge damit ausgestattet. Der optische und haptische Reiz
dieses Materials wäre der vorliegenden Version um Längen überlegen gewesen.
Gib mir Fünf
Wie dem auch sei, letztlich soll Stonehenge ja auch
spielerisch überzeugen, also widmen wir uns schön der Reihe nach kurz den fünf
Entwicklungen, die von Bluff über politische Intrigen bis hin zum Wettlauf die
gesamte Themenpalette abdecken. Kurz nicht etwa, um hier Platz zu sparen,
sondern vielmehr, weil die Regeln keines der Spiele zwei Seiten im
Anleitungsheft überschreiten und alles andere als taktische Schwergewichte
darstellen.
So handelt es sich bei
Richard Garfields Bluffspiel „Die Magie von Stonehenge“ eigentlich um nichts
anderes als ein recht simples Stichspiel mit verdeckten Karten, die nach dem
Ausspielen aufgedeckt werden. Der Gewinner darf dann eine seiner Scheiben (den
„Lehrling“) auf dem entsprechenden Zahlenfeld des Ringes rund um Stonehenge
platzieren. Wer fünf Lehrlinge eingesetzt hat, setzt zur Belohnung seinen
Trilithen auf das Spielbrett, schafft er es ein zweites Mal, fünf Lehrlinge
unterzubringen, gewinnt er. Ein paar kleine Zusatzregeln, die Strafkarten
einbringen, die Trumpfart wechseln oder es ermöglichen, Karten nachzuziehen, um
seine Hand zu verbessern, vervollständigen das Regelkonzept, das aber dennoch
nichts anderes bleibt als ein einfaches Kartenspielchen für drei bis fünf Spieler.
Ausgerechnet Bruno
Faidutti, der sonst eher für vor Kreativität und Spielwitz
nur so strotzende Entwicklungen steht („Ohne Furcht und Adel“, „Das Geheimnis
der Abtei“) steuert mit „Der Hohepriester“ ein Politikspiel zu der Anthologie
bei, das ein wenig trocken daherkommt. Sieben verschiedene „Schulen“ wählen
einen neuen Hohepriester. Dieser wird der Spieler, der innerhalb der einzelnen
Schulen jeweils die meisten Druiden kontrolliert, wer also die Mehrheit hat. Mit
den Blöcken wird der äußere Kreis dabei in sieben Bereiche unterteilt, in denen
die Schulen ansässig sind. Wer an der Reihe ist, platziert entweder einen
seiner Druiden (Holzscheiben) in einer der Schulen, verschiebt alternativ einen
Block und verändert so die Größe der Schulen und ersetzt den Block durch einen
seiner eigenen Farbe oder er passt, weil er keine der beiden Aktionen ausführen
kann oder will. Haben alle Spieler gepasst, ist das Spiel auch schon beendet,
noch leere Felder auf dem äußeren Ring werden mit neutralen Druiden aufgefüllt
und man schreitet zur Abrechnung, die im Übrigen das Komplizierteste an
Faiduttis Schöpfung darstellt. Dabei erhält der Spieler mit der Mehrheit in
einer Schule alle darin befindlichen Druiden. Stehen also beispielsweise 5
Druiden in einer Schule, Spieler blau hat 2 eigene darin, Spieler rot einen und
der 5. Druide ist neutral, hat blau die Mehrheit und erhält alle 5 Druiden und
stellt sie vor sich ab. Bei Gleichstand gewinnt der Spieler mit den
zweitmeisten Druiden in der Schule. Wer nach Abrechnung aller Schulen die
meisten Druiden vor sich stehen hat, gewinnt. Damit wenigstens ein kleines Bisschen
Pep in die Sache kommt, werden vor Spielbeginn noch verdeckt zwei Karten an
jeden Spieler verteilt. Die erste gibt eine Zahl an, auf der ein imaginärer Fetisch-Stein
liegt. Kontrolliert ein Spieler am Ende die Schule mit dem Fetisch-Stein, also
mit der Zahl, die auf der Karte angegeben ist, erhält er zusätzlich zwei
neutrale Druiden in der Endabrechnung. Die zweite Karte gibt an, welche
Felderfarbe auf dem äußeren Ring für den Spieler tabu ist. Stehen am Spielende
Druiden eines Spieler auf Feldern in der Tabu-Farbe, werden sie vor der
Abrechnung entfernt. Nett, schnell gespielt, aber nicht wirklich anspruchsvoll.
Kommen wir zu Nummer drei: Richard
Borgs Kriegsspiel „Arthurs Geisterritter“ für vier oder fünf
Spieler. Thematisch und spielmechanisch etwas anders als Faiduttis Werk, stellt
das „Kriegsspiel“ letztlich dann doch auch wieder lediglich ein Ringen um
Mehrheiten dar, das so kriegerisch wie es der Titel verlauten lässt dann doch
nicht ist. Obwohl: Ein wenig gekämpft werden darf auch, schließlich hat der
Autor als Entwickler moderner Klassiker wie „Memoir ´44“ Erfahrung mit
Konfliktsimulationen. Hier schickt er tote Ritter in den Kampf, die in vier Wertungsrunden
versuchen müssen, die meisten Wächter (Scheiben) an den Trilithen zu postieren.
Die Spielkarten und Schwerter, repräsentiert durch die Blöcke, helfen, das
Kampfgeschehen zu den eigenen Gunsten zu beeinflussen. Wer am Zug ist, zieht
eine Karte nach und entscheidet dann, ob er eine zweite zieht und seinen
Spielzug beendet oder ob er stattdessen eine Karte aus seiner Hand ausspielt.
Je nach Farbe darf er nun entweder einen eigenen Wächter neben einem der Trilithen einsetzen
oder einen Wächter eines Gegners. Warum? Ganz einfach: Weil wir Schwerter
wollen. Wer nämlich dem feindlichen Ritter zu einem weiteren Wächter auf dem
Plan verhilft, erhält nicht nur einen Siegpunkt, sondern auch ein Schwert in
seiner Farbe. Gekämpft wird natürlich auch noch, nämlich immer dann, wenn eine
der vier Trilithen-Karten gezogen wird, was aufgrund des vorherigen gezielten Einmischens
in den Zugstapel relativ regelmäßig der Fall ist. Man kann also anhand des
abnehmenden Zugstapels erkennen, ob bald wieder mal eine Kampfrunde fällig ist.
Ist es soweit, kommen die Schwerter endlich zum Einsatz. Man ist so lange
reihum einmal an der Reihe, wie man eine Kombination aus eigenem Schwert und
einer Handkarte ausspielen kann. Abhängig von der Kartenfarbe darf man nun die
Positionen der bislang eingesetzten Wächter verändern, gegnerische Wächter
entfernen oder sogar eigene neue ins Spiel bringen, um so möglichst eigene
Mehrheiten an den Trilithen zu erzielen. Wer keine Schwerter und Karten mehr
hat, scheidet aus der Kampfrunde aus und darf zusehen, wie sich die anderen um
die besten Plätze balgen. Schließlich gibt es an jedem Trilithen für den am
häufigsten vertretenen Spieler so viele Punkte, wie eigene Wächter an dem
Trilithen stehen. Und weiter geht’s, neue Runde, neues Glück (das ganz deutlich
in Form des zufälligen Kartenziehens allgegenwärtig ist). Nach der vierten
Kampfrunde ist Schluss, der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt. Und
gefällt’s? Naja, viel Glück, etwas Taktik, kurzweilig und schnell vorbei. Als
Absacker ganz nett. Mal sehen, ob Mike Selinker mit seinen „Streitwagen von
Stonehenge“ mehr Emotionen wecken kann.
Spiel Nummer vier im Bunde präsentiert sich
thematisch als Science Fiction Wagenrennen. Die außerirdischen Erbauer der
Steinformation nutzen das Areal als Renngelände für ihre mit Kristallenergie
angetriebenen Streitwagen. Auf so eine Idee muss man erst einmal kommen. Spieltechnisch
funktioniert dies so, dass der äußere und innere Kreis des Spielplans zur
Rennstrecke umfunktioniert werden, auf dem sich die Streitwagen in Form der
Spielfiguren bewegen. Reihum durchlaufen die Teilnehmer insgesamt vier Phasen,
bevor eine neue Runde beginnt.
In der „Energiephase“ nehmen die Spieler ihre zu
Spielbeginn vier Energiekristalle heimlich in die linke und rechte Hand. Die
zahlenmäßige Verteilung bleibt jedem dabei selbst überlassen. Kristalle in der
linken Hand erlauben es in der „Blockadephase“ für jeden Kristall einen
Blockadestein auf die Rennstrecke zu setzen oder bereits liegende zu versetzen,
und zwar auf das Feld, das sich aus der Summe von bis zu drei ausgespielten
Karten ergibt. Die Kristalle in der rechten Hand kommen in der darauf folgenden
„Schubphase“ zum Einsatz. Nun werden die Streitwagen bewegt – vorausgesetzt, es
ist kein Hindernis im Weg. Je nach Art und Position der Blockade muss man zum
Weiterkommen ein bis vier Kristalle zusätzlich opfern, die eigentlich zur
Bewegung gedacht waren. Wer nicht genügend Energie zum Durchbrechen einer
Blockade hat, muss vor dem Hindernis stehen bleiben und verliert zusätzlich
durch den imaginären Aufprall dauerhaft einen seiner Energiekristalle. Gut,
dass man im Laufe des Spiels insgesamt fünf zusätzliche erhält, was bei
geschickter Spielweise ein schnelleres Vorankommen ermöglichen kann. In der
„Ladephase“ werden schließlich die Handkarten wieder auf drei ergänzt und eine
neue Runde beginnt. Wer zuerst das Feld 30 überschreitet, gewinnt das Rennen,
das in der Tat recht kurzweilig abläuft, wenn man den Dreh einmal raus hat und
vor allem auf dem Rennparcours die Übersicht behält, der im Laufe des Spiels
vor Blockadesteinen in allen möglichen Farben in bis zu sechs möglichen
Positionen an den Feldbegrenzungen nur so strotzt.
Last but not least, steuert Kultautor James Ernest
(„Kill Dr. Lucky”) mit seinem Versteigerungsspiel “Alles muss raus!” einen
recht turbulenten Schlusspunkt bei, indem er die Steine von Stonehenge (Trilithen
und Scheiben) unter den Hammer bringt. Wer die wertvollsten Steine ergattert
und damit als erster eine Punktsumme von 20 Punkten erreicht, gewinnt. Pro Runde
zeigt eine Auktionatorfigur an, welcher Stein in welcher Farbe zur Disposition
steht. Reihum legt jeder Spieler nun eine oder mehrere seiner drei Handkarten
verdeckt aus, um den Stein zu ersteigern. Nach dem gleichzeitigen Aufdecken
erhält der Spieler mit dem höchsten Gebot den Stein, wobei Karten in der Farbe
des versteigerten Steins Trumpf sind und alle anderen Gebote schlagen. Gibt es
mehrere Gebote in der Steinfarbe gewinnt der Spieler mit der höchsten
Gesamtsumme der auf den Karten abgebildeten Zahlen. Ein paar nette Kniffe
machen das Bieten interessant. So löst beispielsweise eine Trilithen-Karte die
Trumpffarbe auf und es gelten nur noch die reinen Zahlenwerte. Zudem darf der
Gewinner einer Auktion keine Karten nachziehen, der Spieler mit dem niedrigsten
Gebot hingegen zwei, um zu verhindern, dass ein Spieler zu weit nach vorn
prescht und auf der anderen Seite die Möglichkeit einzuräumen, gezielt neue
Karten zu erhalten. Interessant ist auch die Wertung. Je mehr Steine einer
Farbe ich bereits besitze, desto mehr Punkte erhalte ich für jeden neuen Stein.
Wer also zum Beispiel zwei rote Steine hat, erhält für den dritten drei Punkte,
für den vierten vier usw. Wer einen der fünf Trilithen ersteigert, erhält sogar
doppelt so viele Punkte. Im Spielfluss selbst macht das verdeckte Feilschen um
die Steine trotz oder vielleicht gerade wegen seiner Einfachheit wirklich Spaß,
sogar ein paar taktische Überlegungen sind möglich, da die bereits ersteigerten
Steine nicht geheim gehalten werden und man so den anderen dringend benötigte
Steine vor der Nase wegschnappen kann. Alles in allem ein gelungener, lockerer
Abschluss der fünf Stonehenge-Spiele.
Fazit
Stonehenge überzeugt mit einer spannenden Idee und ansehnlichem (Kunststoff-) Spielmaterial,
die fünf Spiele der „Startpackung“ sind jedoch eher für Gelegenheitsspieler und
Familien gedacht – was hier keinesfalls negativ gemeint ist. Jedes Spiel hat
seine Zielgruppe. Viele neue Ideen, die über Mehrheitengewinnung,
Versteigerungen und Stichspielvarianten hinausgehen, sucht man als
„Szenemitglied“ jedoch vergeblich. Dennoch macht es Spaß, mit ein und demselben
Material immer wieder andere Spiele auszuprobieren. Die Erweiterung mit drei
neuen Regeln und ergänzendem Material für insgesamt sieben Spieler ist bereits
in Arbeit und Namen wie Klaus-Jürgen Wrede
und Serge Laget lassen auch Vielspieler aufhorchen. Man darf gespannt sein, wie
es mit Stonehenge weitergeht. Es wäre schade, wenn dieses viel versprechende Konzept
und ambitionierte Projekt nicht weitere kreative Spielideen nach sich zöge.
Immerhin: Im Internet geht es schon mächtig rund, unter www.spielzeit.de/stonehenge sind
bereits zehn weitere Regeln veröffentlicht und alle Autoren und solche, die es
werden wollen, sind herzlich eingeladen, ihre eigenen Entwicklungen
beizusteuern. Dort gibt es im Übrigen auch die Bonusregeln, die 2007 auf der
SPIEL in Essen veröffentlicht wurden, als kostenlosen PDF-Download. Stonehenge
lebt.
Stefan Olschewski
stefan@pierrot.tobit.net
Überblick:
Spieler :
3-5
Alter :
ab 10 Jahren
Dauer :
ca. 30-60 Min.
Autoren :
Richard Borg, James Ernest, Bruno Faidutti, Richard Garfield. Mike Selinker
Grafik :
Sean Glenn, Howard Lyon und Jeff Carlisle
Vertrieb :
Hutter Trade
Preis :
ca. 30,- Euro
Verlag :
Spielzeit! 2007
www.spielzeit.de
Bewertung:
Genre :
Spielesammlung mit vorgebenem Material
Zielgruppe :
Familie und Freunde
Mechanismen: vielfältige Auswahl
Kommentar:
Stimmiges Material
Verständliche Regeln
Spielwert fällt gegenüber der Erwartungshaltung etwas ab
Gelungene Grundidee
Strategie :
**
Taktik : ***
Glück : *****
Interaktion : ****
Kommunikation : ****
Atmosphäre : ******
Vergleichbar:
Anthologie-Konzept: „Spiele zur Schatzinsel“ (Hugendubel)
Klassische Spielesammlungen
Stefan
Olschewski:
Tolle Grundidee mit spannendem Thema, das jede Menge Entwicklungspotenzial
bietet. Aufmachung und Renommee der Autoren lassen jedoch spielerisch mehr
erwarten als Stonehenge halten kann.