Rialto

Als venezianischer Adeliger platziert man Ratsherren in den Stadtteilen für Einfluss beim Dogen; Stadtteile sind wertvoller, wenn sie über Brücken verbunden sind anstatt über Gondeln, also wollen alle darauf Einfluss nehmen. In sechs Runden aus drei Phasen ist jeder Phase eine Gebäudefarbe zugeordnet; in Phase I - grün -bekommt man Karten und behält 7 von 8, in Phase II – gelb - spielt man Karten und in Phase III nutzt man blaue Gebäude, aktiviert durch eine Goldmünze. Man gewinnt mit den meisten Punkten aus Münzen und Ratsherren im Vorrat, Gebäuden und Mehrheitswertungen der Ratsherren in Stadtteilen.  

Dieses Spiel ist in folgenden Sprachen veröffentlicht:

Deutsch, Englisch

Ludografische Angaben

Redaktion:
Autoren:
Inventarnummer:
24336
Tags:
nbg13
Kategorien:
Setz-/Position, Entwicklung/Aufbau
Erscheinungsjahr

2013
Spieler

2 - 5 Spieler
Alter

10 - 99 Jahren
Dauer

bis 60 Minuten

Rezension

Rialto
Unsere Rezension
 
Der Feld in Venedig
 
RIALTO
 
Wenn die Gondeln Punkte bringen
 
Ein
gern gesehener und häufiger „Gast“ auf unseren Spieltischen ist Stefan Feld;
zumeist bürgt sein Name nämlich für originelle Mechanismen und für
Spielvergnügen auf hohem Niveau. Und heuer spielt es sich überhaupt ab: Nahezu
zeitgleich sind bereits „Bora Bora“ (alea) sowie „Brügge“ (Hans im Glück) erschienen,
außerdem soll im Herbst (bei Queen Games) auch noch „Amerigo“ herauskommen. Nach
Rom, Paris, Hamburg, Straßburg und Brügge führt uns Stefan Feld bei seiner
europäischen Städtereise nunmehr also nach Venedig. Sollte jemand sein
Lebenswerk im Sammeln von Brettspielen mit Venedig-Bezug sehen, ist er nicht zu
beneiden. Alleine mit den Spielen, auf deren Spielbrettern der Stadtplan der
Lagunenstadt abgebildet ist, können schon mehrere Schränke gefüllt werden. Die
durch die Kanäle gezogenen Grenzen der Stadtviertel eignen sich aber auch
besonders gut für eine spielerische Verwertung, insbesondere für Mehrheitenspiele.
 
Ein
weiteres Mehrheitenspiel in Venedig, das klingt zunächst einmal also nicht besonders
originell. Als spannende und spekulativere Facette stellt sich hier aber erst
im Spielverlauf heraus, wie viele Punkte jeder der sechs Stadtteile für den
dort jeweils Führenden bringen wird. Zunächst liegt Venedig somit quasi „nackt“
vor uns und alles ist gleich viel wert (also vorerst nichts). Jeder Stadtteil
bietet deswegen Platz für den Anbau von bis zu vier Brücken, welcher aber auch
als Anlegestelle für jeweils eine Gondel genutzt werden kann. Jede Brücke
wertet einen Stadtteil um drei bis sechs Siegpunkte auf, eine Gondel nur um
einen Punkt. Das theoretisch maximal mögliche Ergebnis für einen Stadtteil
beträgt 23, im Durchschnitt sind es 11 Siegpunkte; davon erhält der zweite dann
die Hälfte, der dritte ein Viertel, etc.
Unter
anderem diese Bestimmung des Punkteausmaßes als auch das Einsetzen der
Spielfiguren werden über Karten gesteuert. Zu Rundenbeginn liegen davon mehrere
Reihen zu jeweils sechs Karten offen aus, von denen sich die Mitspieler jeweils
eine aussuchen. Dann zieht jeder noch zwei zufällige Karten und wählt aus
seinen nunmehr acht Karten für die aktuelle Runde sieben Stück aus. Die
Zusammensetzung der eigenen Kartenhand – eher verschiedene oder mehrere gleiche
– gibt dann die jeweiligen Aktionsmöglichkeiten vor: Will ich etwa in der
aktuellen Runde bei allen sechs möglichen Aktionen mit dabei sein, brauche ich
unterschiedliche Karten. Besser ist aber das Lukrieren eines Bonus, den stets
nur jener erhält, der die meisten Karten einer Art ausspielt. Dadurch müssen
aber natürlich zwangsläufig andere Aktionen in dieser Runde vernachlässigt
werden; Joker-Karten sowie das Errichten und Nutzen von bestimmten Gebäuden
erlauben dabei eine flexiblere Spielweise.
Die
Aktionen werden dann jede Runde in einer stets gleichen Reihenfolge
abgewickelt: Zuerst kommen die Dogen-Karten dran. Hier erlaubt jede Karte das
Fortschreiten auf der sogenannten „Dogenleiste“, welche nahezu alle
Reihenfolge- sowie Gleichstandsfragen beantwortet; wer weiter vorne ist, kommt also
nicht nur früher dran, sondern erhält bei Gleichständen auch den Bonus bzw. die
Siegpunkte am Schluss (eine vergleichbare Leiste kennen wir ja auch schon u.a. aus
„Im Jahr des Drachen“, „Macao“ sowie den „Burgen von Burgund“). Man ist bei
dieser Leiste also gerne vorne mit dabei, was im Spielverlauf aber doch eine
beträchtliche Anzahl an Karten – und somit Aktionen – kosten kann. Wer deswegen
auf das Streiten um diese Reihenfolge verzichtet und seine Bemühungen lieber
auf andere Aktionen konzentriert, hat ebenso gleichberechtigte Chancen auf den
Sieg.
Nach
den Dogen-Karten kommen die Gold-Karten und danach die Gebäude- = Ziegel-Karten
dran. Mit den Ziegel-Karten baut man Gebäudeplättchen, welche – neben ein bis
vier Siegpunkten pro Gebäude – auch noch bestimmte Vorteile bieten; jede
Nutzung dieser Vorteile erfordert jedoch jeweils eine Goldmünze. Natürlich ist
es nicht sehr logisch, dass ein Gebäude bezahlt werden muss, damit es „tätig“
wird. Stimmiger wären hier Personen gewesen, welche man zunächst (etwa mit Wein)
anwirbt und später mit Gold entlohnt. Vermutlich hat die diesfalls frappante
Ähnlichkeit mit „Brügge“ den Verlag zu dieser gestalterischen Entscheidung
bewogen, was jedoch nur einer der Gründe ist, weshalb Einsteigern das erste
Spiel unnötig schwer gemacht wird.
 
Als
vierte Aktion kommen die Brücken-Karten: Hier erhält man pro Karte einen
Siegpunkt (während des Spiels) und als (zweiten) Bonus darf man eine Brücke
errichten. Dieses Privileg gewährt eine besondere Einflussmöglichkeit auf die
Schlussabrechnung: Eine attraktive Brücke werde ich natürlich bei einem
Stadtteil platzieren, in dem ich mir die Mehrheit erhoffe bzw. sogar schon
habe, eine weniger tolle Brücke kommt eher zu von den Mitspielern beherrschte
Stadtteile. Andererseits „drohen“ auch noch die Gondeln, welche sich
punktemäßig sogar noch miserabler auswirken würden als die schlechteste Brücke.
Und gerade in den ersten zwei bis drei Runden ist es noch gar nicht so klar, in
welchen Stadtteilen ich mich letztlich tatsächlich behaupten werde, sodass beim
Platzieren einer Brücke auch sehr viel Hoffen und Bangen involviert ist.
Der
jeweilige Bonus (bei den sechs verschiedenen Karten) ist zwar zumeist leicht
nachzuvollziehen: Wer etwa die meisten Gold-Karten ausspielt erhält ein
Extra-Gold. Dennoch vermisst man eine Übersicht: So bringen die Gondel-Karten
grundsätzlich Nachschub beim eigenen Figurenvorrat; der Bonus bedeutet hier
aber das Einsetzen einer Figur auf dem Spielplan, etwas das man sonst erst mit
der sechsten Kartenart bzw. Aktion (nämlich mit den „Ratsherren“) bewirkt. Dabei
wäre es leicht möglich gewesen, die – in der vorliegenden Form eigentlich
unnötigen – Spielertableaus um eine Kurzregel bzw. aussagekräftige grafische
Symbolik zu erweitern.
Der
Gondel-Bonus ist außerdem die einzige Möglichkeit, sich nachträglich noch in
einen bereits abgehandelten Stadtteil dazuzusetzen, um etwa bereits sicher
geglaubte Mehrheiten umzustoßen; allerdings um den Preis, dass eine Gondel den
Wert dieses Stadtteils ja nur um einen Siegpunkt erhöht. Oder man platziert
seine Figur als erster in einen Stadtteil, welcher erst in den Folgerunden
drankommt. Zweimal im Spiel gibt es nämlich eine Fünf-Punkte-Belohnung für
denjenigen, der als erster in drei bestimmten Stadtteilen vertreten ist. Diese
Punkte sind nicht zu verachten, zumal die Endergebnisse der Mitspieler zumeist
nur knapp auseinander liegen.
 
Auch
sonst konterkariert das Spieldesign das Versprechen (der Schachtelrückseite)
eines „leicht zugänglichen Brettspiels“: Für Siegpunkte finden sich gleich vier
verschiedene grafische Darstellungen und deren Leiste ist verwirrend gestaltet.
Diese „Kinderkrankheiten“ sind zwar im Wesentlichen nach einer Probepartie
überwunden. Als den Spielfluss weiterhin hemmend kann sich aber das
Kartenauswählen zu Beginn jeder Runde erweisen; im Unterschied zu „Strasbourg“ sind die Mitspieler beim Kartenauswählen
nicht gleichzeitig, sondern einer nach dem anderen beschäftigt. Hier kann es
vor allem bei vier oder fünf Mitspielern doch zu unangenehmen Wartezeiten kommen,
wenn der erste die (bis zu sechs) ausliegenden Kartenreihen zu analysieren
versucht. Außerdem lässt sich mit manchen Gebäuden der Umfang der eigenen
Kartenhand vermehren. Dem Warten, bis alle Mitspieler endlich ihre Reihe
genommen haben, kann also das erneute Warten darauf folgen, dass alle ihre
zusätzlichen Karten gezogen und die überzähligen abgeworfen haben. Diese zweite
Phase findet zwar im Wesentlichen gleichzeitig statt; wer jedoch nicht in derartige
Gebäude investiert hat, ist hier erneut zum Untätigsein und Zuschauen verdammt.
Die behauptete Spieldauer von rund 60 Minuten ist schon aus diesen Gründen kaum
zu halten. Auch während einer Runde können die Karten oft nicht einfach runter
gespielt werden, diverse Überlegungen, ob ein Joker oder ein bestimmtes Gebäude
jetzt oder doch erst später genutzt werden sollen, müssen schon sein. Das ist
zwar für das Spielgefühl noch kein Nachteil, verlängert aber natürlich ebenfalls
die Spielzeit.
Für
das Spiel zu zweit wird eine Variante mit einem fiktiven dritten Mitspieler angeboten.
Für diesen werden jede Runde zufällig sieben Karten gezogen, womit dann mehr
Konkurrenz sowohl bei den diversen Karten-Boni als auch bei den Mehrheiten in
den Stadtteilen besteht. Diese Variante ist sehr gut spielbar, erfordert aber
natürlich einen etwas höheren Verwaltungsaufwand als das Grundspiel.
 
Harald
Schatzl
 
Spieler:
2 - 5
Alter:
12+
Dauer:
90+
Autor:
Stefan Feld
Grafik:
Andreas Resch, Hans-Georg Schneider
Preis:
ca. 30 Euro
Verlag:
Pegasus Spiele 2013
Web:
www.pegasus-spiele.de
Genre:
Mehrheitenspiel
Zielgruppe:
Mit Freunden
Version:
multi
Regeln:
de en
Text
im Spiel: nein
 
Kommentar:
Die
verschiedenen Spielweisen sind im Ergebnis gut ausbalanciert
Unnötig
hohe Einstiegshürde durch Design
Eher
nüchternes und wenig Spielmaterial
 
Vergleichbar:
Mehrheitenspiele
mit Venedig-Thema - San Marco, Doge, Venezia; Strasbourg
 
Andere
Ausgaben:
Tasty
Minstrel Games, Ludanova, Rebel.pl (geplant)
 
Meine
Einschätzung: 5
 
Harald
Schatzl:
 „Rialto“
stellt eine gelungene Wiederbelebung eines bereits totgeglaubten Genres dar,
zumal der Autor auf feine Weise u.a. mehrere aus seinen früheren Spielen
bekannte Elemente zu einem neuen Ganzen kombiniert hat. Der Regelaufwand ist
zwar relativ gering, Wenig- und Gelegenheitsspieler werden beim ersten Mal
dennoch Unterstützung von Vielspielern benötigen.
 
Zufall (rosa): 1
Taktik (türkis): 2
Strategie (blau): 1
Kreativität (dunkelblau): 0
Wissen
(gelb): 0
Gedächtnis (orange): 1
Kommunikation (rot): 1
Interaktion (braun): 2
Geschicklichkeit (grün): 0
Action (dunkelgrün): 0