Die SPIEL in Essen - die größte Messe für Brettspiele

Die SPIEL in Essen - die größte Messe für Brettspiele

Netzwerktreffen der Brettspielforschung

Die Stadt Essen ist seit 1983 der Anzeihungspunkt für Brettspiel-Fans. Die weltgrößte Messe rund um Gesellschaftsspiele, Kartenspiele und kurz zusammengefasst "Brettspiele" findet auf dem Messegelände statt. Im Jahr 2022 gibt es eine wesentliche Neuerung für die Wissenschaft, für die Spielforscherinnen und Spielforscher: Es gibt den Research Day am 8. Oktober, von 11:00 bis 18:30 Uhr zur "Brettspielforschung in Deutschland".

Research Day: Spielwissenschaften und Brettspielforschung

Dank des Engagements von Lukas Boch und seinem Team der Boardgame Historian bekamen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf der Messe SPIEL ein Forum räumlich gestellt, um sich mit aktuellen Fragen und Perspektiven zum Thema Brettspiel zu befassen. Mit zum Team der ursprünglich aus den Geisteswissenschaften kommenden Akteure gehören Anna Falke und Toni Janosch Krause. (Programmübersicht).

Residenzschloss Altenburg 2021: Jens Junge, Toni Janosch Krause, Anna Falke, Lukas Boch beim Aufbau der Ausstellung "Am Anfang war das Spiel"

Die Forschenden zu modernen Brettspielen besser zu vernetzen, ist eines der Ziele vom Team der Boardgame Historian, um kooperativ Forschungsprojekte durchführen zu können. Ab Herbst 2021 bis zum Frühjahr 2022 fand im Residenzschloss in Altenburg die Ausstellung "Am Anfang war das Spiel. Brettspiele - Geschichte und Gesellschaft spielend entdecken" statt. Dafür haben sich das Institut für Ludologie, der Arbeitskreis Geschichtswissenschaft und Digitale Spiele und die Boardgame Historian zusammengetan (mehr Infos, hier).

Vier Podiumsdiskussionen werden am 8. Oktober auf dem Research Day stattfinden. Die Themen sind: "Geschichte in Brettspielen", "Brettspielsammlungen", "Repäsentation und Diversity" sowie "Brettspielforschung in Deutschland - Aktueller Stand und Perspektiven". Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft und der Brettspielszene treffen sich im Saal Panorama (Eingang West, 2. OG).

1. Geschichte in Brettspielen

Um die wechselvolle Geschichte der Menschheit ranken sich zahlreiche Stories und Erzählungen. Bis heute spielen wir Kartenspiele mit dem mittelalterlichen Erscheinungsbild des "Französischen Blattes". Zahlreiche moderne Brettspiele bedienen sich für ihre Rahmenhandlung im Mittelalter. Die Brettspiele sind ohne Frage ein kulturelles Medium, das die aktuellen Geschichtskultur prägt.

Warum und wie nutzen Spieleautoren geschichtliche Rahmenhandlungen? Es diskutieren: Lukas Boch (Boardgame Historian und Doktorand an der WWU Münster), Stefan Feld und Matthias Cramer (Spieleautoren), Ulrich Blenneman (Redakteur und Verleger von Spielworxx) sowie Martina Fuchs (Jurorin Spiel-des-Jahres und Podcasterin): ab 11:45 Uhr.

Panel 1: Geschichte in Brettspielen
Brettspiel "Carcassonne" von Klaus Jürgen Wrede im Mittelalter-Setting, Spiel des Jahres 2001
Brettspiel "Escape von Colditz" vom britischen Major P.R. Reid, dem es im II. Weltkrieg gelungen ist, aus dem Gefangenenlager im sächischen Colditz auszubrechen

2. Brettspielsammlungen

Analoge Brettspiele sind physisch, materiell. So bedarf es Orte, an denen sie gespielt und erforscht werden können.

Panel 2: Sammeln, bewahren, spielen? Brettspielarchive und Sammlungen
Helferteam von den "Spieletagen Altenburg" rund um Gaby Orymek im Schlosshof des Residenzschlosses bei der Ankunft der ersten 18.000 Spiele

Archive, Brettspielsammlungen und Museen haben in Deutschland umfassende Bestände an Brettspielen zusammengetragen.

Mit Vertretern von Museen, Archiven und Brettspielsammlungen in Deutschland soll über die Chancen und Herausforderungen, vielleicht auch über die Kooperationen, diskutiert werden und ein Einblick in den Alltag von Sammlungsverantwortlichen gewährt werden. Toni Janosch Krause (Spielkartenmuseum Altenburg, Leiter der Lehr- und Forschungssammlung Brettspiele, ehem. Österreichisches Spielemuseum, Sammlung de Cassan und Boardgame Historian), Stefanie Kuschill (Deutsches Spielearchiv Nürnberg, ehem. Marburg), Dr. Eberhard Neumann (Deutsches SPIELEmuseum Chemnitz, ehem. Sammlung Peter Lemcke, Hamburg), Tom Werneck (Bayerisches Spielearchiv, Haar bei München) und Cynthia Kempe-Schönfeld (ESG, Europäische Spielesammler Gilde) wagen mit dem Blick auf ihre Bestände und Objekte einen Ausblick in die Zukunft: ab 13:30 Uhr.

3. Repräsentation und Diversity

Unsere Gesellschaft ist durch die Vielfalt von Menschen und verschiedenen Kulturen geprägt, was oft auch mit sozialer Ungleichheit einhergeht, ob zwischen Frau und Mann, Aussehen und Hautfarbe, Herkunft, religiösen Überzeugungen oder sexuellen Orientierungen.

Panel 3: Repräsentation und Diversität
Initiative "Spielend für Toleranz"

Die Brettspiel-Community nimmt verstärkt wahr, wenn die soziale Vielfalt unserer Gesellschaft nicht ausreichend im Spieldesign aufgegriffen oder kritisch genug berücksichtigt wird.

Barbara Sterzenbach, Prof. Dr. Wiebke Waburg, Sam Schwickert, Rita Modl, Talita Rhein und Rosa Layer diskutieren, was Brettspiele zum Thema Diversity beitragen können oder sollten: ab 15:15 Uhr.

Schon 2018 setzte die Brettspielszene mit der Initiative "Spielend für Toleranz" ein Zeichen. Unterstützt wurde die Initiative vom Verein Spiel-des-Jahres. Spielen verbindet Menschen, es trennt nicht. Mit dem Spiel und seinen Mitspielerinnen und Mitspielern ist der menschliche Aspekt der Gleichberechtigung und der Würde des Menschen verbunden (Art. 1. des Deutschen Grundgesetzes).

4. Brettspielforschung in Deutschland - Aktueller Stand und Perspektiven

Deutschland ist für die Brettspiele weltweit seit den 1970er Jahren prägend. Die "German Boardgames" sind spätestens seit 1995 global ein Begriff mit Klaus Teubers "Siedler von Catan".

Panel 4: Brettspielforschung in Deutschland

Der Brettspiel-Journalismus, die Jury Spiel-des-Jahres, die zahlreichen regionalen Spieleveranstaltungen, Spielecafés und natürlich auch besonders die SPIEL in Essen tragen seit Jahrzehnten zu einer international herausragenden Kultur der Brettspiele bei (s. ARD-TV-Serie "Board Games - Die Welt der Brettspiele", "Quo vadis Brettspielbranche") . Aber die Spielwissenschaften? Die Forschung mit und über Brettspiele? Da besteht elementarer Nachholbedarf, wenn man sich andere wissenschaftliche Disziplinen und deren kulturelle Relevanz ansieht. Deutschland ist eine Brettspielnation, aber in der Forschung international stark unterrepräsentiert. Wie können wir das ändern?

Es diskutueren Prof. Dr. Jürgen Karla (Hochschule Niederrhein Mönchengladbach, spielbar.com), Lukas Boch (WWU Münster), Paul Schulz (SpieleAutorenZunft, SAZ), Wolfgang Lüdkte (Spieleverlage e.V. und Redakteur bei KOSMOS) und Prof. Dr. Steffen Bogen (Universität Konstanz): ab 17:00 Uhr.

Standortbestimmung für die Brettspielbranche

Sebastian Wenzel (kulturgutspiel.de) motivierte den Autor dieser Zeilen und Direktor des Institus für Ludologie im Jahre 2021 mit seinen langjährigen Erfahrungen aus der analogen und digialten Spielebranche ein Standortbestimmung für die Brettspielbranche zu formulieren. So entstand der Artikel in der "Null Ouvert" und auf dem Ludologie-Blog "Quo vadis Brettspielbranche". Dort werden Vorschläge unterbreitet, die für die kulturell und gesellschaftlich so wichtige Brettspielbranche zukünftig relevant sein könnten. Veränderung ist nicht immer bei den Adressaten willkommen. Aber jedenfalls sollte die gemeinsame Diskussion geführt werden, wie sich die Brettspielbranche positiv und mit mehr politischer Bedeutung weiterentwickeln könnte, denn als reines Wirtschaftsgut ist sie für die Bundespolitik sehr klein.

Weiterführende Artikel zum Thema Spiel:

  1. Spielen? Was ist das?
  2. Warum spielen Menschen?
  3. Homo ludens - Der spielende Mensch
  4. Die SPIEL in Essen - die größte Messe für Brettspiele